Maute: Umdenken nach dem Schock
Interview mit dem Bundestrainer der Kunstfahrer nach WM-Absage
Eine Woche Urlaub – und mit dem Wohnmobil durch die Gegend ziehen. Frust abbauen könnte man das auch nennen, denn Kunstrad-Bundestrainer Dieter Maute kann aufgrund der Komplett-Absage der Rest-Saison erstmals keine Sportler für die internationalen Highlights vorbereiten. Die WM in der Stuttgarter Porsche-Arena wäre sicherlich zu einem weiteren Medaillenreigen der deutschen Hallenrad-Champions geworden. Und nun der komplette Shutdown.
Sicherlich
erstellen Sie schon jetzt Pläne für den Wiedereinstieg ins
Wettkampf-Geschehen 2021. Trotzdem mussten der Erfolgstrainer und seine
Schützlinge erstmal Luft holen…
Dieter Maute: Natürlich war
ich enttäuscht, wie die Sportler auch. Ich hatte vor allem gehofft, dass
man die Deutsche Meisterschaft mit einem entsprechenden Hygienekonzept
durchführen kann. Aber nachdem keine Genehmigung erteilt wurde, machten
bedeutungslose German Masters auch keinen Sinn. Dass es mit der WM in
Stuttgart schwer werden würde, war abzusehen. Mit dieser Verschiebung
(Anm. in den Oktober 2021) war zu rechnen. Die Titelkämpfe hätten auch
einen gewissen Makel gehabt. Mit vielleicht nur zehn statt über 20
Nationen – die Aktiven aus Asien können zum Beispiel seit einem halben
Jahr nicht trainieren.
Und so verschwindet der Hallenradsport, sowieso um
öffentliche Aufmerksamkeit ringend, für ein dreiviertel Jahr von der
Bildfläche. Wie bitter ist das?
Dieter Maute: Ja, das ist
ein Verlust für den Sport – es wäre eine Chance gewesen, in den Fokus zu
rücken – als eine der wenigen ein Top-Event ausrichtenden Verbände.
Aber letztendlich hat die Vernunft gesiegt und der Gefahr von
Ansteckungen wurde vorgebeugt.
Sie mussten die Sportler – ausgerechnet beim ersten Lehrgang
in Albstadt – mit der Entwicklung konfrontieren. Beschreiben Sie bitte
die Reaktionen.
Dieter Maute: Enttäuscht und geschockt,
klar. Vor allem den vierfachen Weltmeister Lukas Kohl hat das hart
getroffen. Aber sie hatten die Situation ja auch weltweit verfolgt und
Schlüsse gezogen. Deshalb folgte relativ schnell ein Umdenken. Man
versucht, neue Motivation zu schöpfen, sich neue Ziele für die Saison
2021 zu setzen. Als Trainer sage ich: es sind jetzt drei Monate mehr
Zeit zur Vorbereitung. Das begann schon beim Lehrgang, bei dem die
Sportler erste neue Übungen ausprobierten. Sie gingen dabei total
ehrgeizig und engagiert ans Werk.
Sie selbst wollten, zusammen mit Sohn Max, mit der
Ausrichtung des Weltcup-Finals in Albstadt die Generalprobe für die WM
lancieren. Ist dieses Event, das sich gewiss zu einem Highlight für die
gesamte Zollernalb entwickelt hätte, ebenfalls ad acta gelegt?
Dieter
Maute: Wir stehen in Gesprächen mit der die Serie ausrichtenden ICWW
und dem Weltverband UCI. Aber eigentlich macht dies ohne Saison und ohne
WM keinen Sinn mehr. Wir versuchen jetzt, die Sponsoren ins nächste
Jahr ‚mitzunehmen‘ und einen Termin in der Halle auszuloten. Dann
ebenfalls sechs Tage vor den Weltmeisterschaften.
Ähnliches hat die Sportwelt, auch der Kunstradsport, noch nicht erlebt?
Dieter Maute: Ich bin jetzt rund 45 Jahren ‚dabei‘ und habe neulich meinen Vater (Anm: ehemaliger Landestrainer in Albstadt und aufmerksamer Beobachter) getroffen. Der kann sich, bis zurück in die sechziger Jahre, auch an keine ähnliche Lage entsinnen. Und ist ebenso zwiegespalten. Und es tut einem einfach leid, dass die Sportler nicht zeigen können, was sie sich antrainiert haben.
Text-Quelle: BDR-Medienservice.de
Bild: Wilfried Schwarz – www.randsport-magazin.de